Unternehmen
lieben die Vertreter der neue Internetgeneration ("Digital Natives").
Als Mitarbeiter sind sie ideal. Sie sind über eMail, SMS, Telefon oder WhatsApp
und Skype immer online. Ob am Abend nach der ZIB 2 oder am Wochenende beim
Shoppen: Mitarbeiter vom Typ "Digital Native" erreicht man immer.
Zudem hat man volle Kontrolle über ihn: Smartphone-GPS, Facebook und generell
Social Media machen Digital Natives zu gläsernen Mitarbeitern. Auch als Kunden
sind sie ideal. Aufgrund ihrer medialen Freizügigkeit kennt man alle
Konsumgewohnheiten und kann sie mit individualisierter Werbung (und nicht nur
damit) erreichen. Das Beste: Digital Natives sind mit dem Internet
aufgewachsen, weshalb sie diese Durchdringung der Privatsphäre als natürlich
und akzeptabel empfinden.
Soweit
der Mythos. Doch was ist Realität? Will man wirklich rund um die Uhr immer mehr
Inhalte aus dem Internet konsumieren und selber immer mehr Inhalte
bereitstellen? Und wollen wirklich alle immer rund um die Uhr mit allen
verbunden sein? Und bedeutet "mit Medien vertraut sein" wirklich,
Medien permanent zu nutzen?
Hier
sind zunehmend Zweifel angebracht: Digital Natives beginnen mit
Internet-Inhalten wählerisch zu sein. Sich mit Netzinhalten
"zumüllen" zu lassen, ist out. Angesagt ist vielmehr hoch selektives
Verhalten, bei dem man auf wenige Quellen mit hoher Qualität setzt. Datenmüll
verdirbt nur Spaß und kostet Zeit sowie Lebensqualität. Also: im Extremfall
statt permanentem Surfen lieber ein eBook lesen.
Digital
Natives sind auch nicht permanent online – vor allem nicht für Arbeitgeber und
werbende Unternehmen. Gerade ihre skeptische Einstellung zur neuen Arbeitswelt
führt sie dazu, nach Dienstschluss und am Wochenende ausschließlich auf
Privatleben zu setzen. Daher bleibt das Notebook auch mal einen ganzen Tag aus
und über Filterfunktion die Erreichbarkeit über Smartphone nur auf einen ganz
kleinen Kreis begrenzt.
Digital
Natives haben auch keine Lust, simultan auf vielen Kanälen aktiv zu sein.
Gleichzeitig Fernsehschauen, Internetsurfen, Facebook aktualisieren und
WhatsApp-Nachrichten verschicken? Wer kann und will das alles lesen und
aufnehmen? Auch hier beginnt eine Selektivität, die nicht dem Traumbild der
Industrie der rund um die Uhr über viele Kanäle vernetzten
"Internetgeneration" entspricht.
Auch
wenn sich diese Trends erst langsam entwickeln, sind sie bereits ganz klar
spürbar und laufen nicht länger auf den unkritisch sich mit Informationen
vollfressenden Fastfood Nutzer hinaus. Es passt mehr das Bild der
"Digitalen Gourmets": Diese kennen sich zwar perfekt mit den Neuen
Medien aus, nutzen dieses Wissen aber dazu, sich konzentriert mit wenigen
Medien zu beschäftigen und ganz klar dem Massenkonsum abzuschwören.
Digitale
Gourmets sind als Mitarbeiter und Kunden nicht länger nur dumme, passive und
steuerbare Objekte: Sind sie etwas fundamental anderes, vor allem aber eine
wirklich positive Zukunftsvision. (Der Standard, 17.8.2013)
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