Dienstag, 17. September 2013

Arbeitsplatz: Die Illusion vom perfekten Büro (derStandard.at)

Ein gut und ansprechend gestalteter Arbeitsplatz kann Produktivität und Motivation steigern - Es gibt noch deutlich Luft nach oben. 

Für das Wohlgefühl am Arbeitsplatz zählen - das sagen Studien aus dem Feld - soziopsychologische Aspekte mehr als ästhetisch-visuelle. Vielmehr tragen Faktoren wie die individuelle Gestaltung - etwa durch persönliche Nippes - zu mehr Wohlfühlen am Arbeitsplatz bei. Die Crux dabei: Der häufig praktizierte uniforme Auftritt eines Unternehmens, also die Corporate Identity, die auch die Büromöblierung miteinbezieht, lässt das nicht immer zu. Wenn aber Individualität im Büro nicht einmal in geringen Dosen, etwa in Dekorationselementen oder einer Topfpflanze, Ausdruck finden darf, kratzt das in der Folge an der Motivation der Mitarbeiter und lässt deren Produktions- und Leistungskurve schlimmstenfalls in Richtung Nulllinie schrammen.


Andere arbeitspsychologische Studien wiederum belegen, dass durch eine ansprechende Gestaltung des Arbeitsumfelds die individuelle Dekorationswut von Mitarbeitern automatisch wieder abnimmt. Die Bedeutung der Bürogestaltung auch hinsichtlich der Motivation und Produktivität der Mitarbeiter darf also nicht unterschätzt werden. Das zeigen auch die Ergebnisse der WdF-Studie (Wirtschaftsforum der Führungskräfte) in Kooperation mit dem Büroausstatter Neudörfler "Office Indicator 2013" - 300 österreichische Manager wurden dafür befragt. 90 Prozent gaben an, dass Mitarbeitermotivation ein (sehr) wichtiger Grund für Investitionen in neue Büroausstattung sei. Das Erscheinungsbild sei wichtig (86 Prozent) und die Gestaltung der Arbeitsplätze eine gute Voraussetzung, neue Organisationsformen zu unterstützen (82 Prozent). Zur Steigerung der Produktivität von Wissensarbeitern gehört die qualitätvolle Planung und Gestaltung des Büros also dazu.

Mehr Produktivität möglich

Eine Studie des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) weist eine durchschnittliche Produktivitätsrate in deutschen Büros von 60 Prozent aus, die durch Verbesserungen im Arbeitsumfeld und -ausstattung - etwa durch ergonomisch günstig gestaltete Arbeitsplätze - um 36 Prozent gesteigert werden könnten. Und nicht allein Einrichtung, sondern auch Herausforderungen wie zu lange Wege oder schlecht durchdachte Raumanordnungen und zu wenige informelle Treffpunkte für die Mitarbeiter könnten, nach Ansicht der Forscher des Fraunhofer IAO, durchaus ambitionierter in Angriff genommen werden.

Auch wenn das Wissen um die motivations- und produktivitätssteigernde Wirkung überlegter Büroausstattung vorhanden ist, halten sich - zumindest jene vom WdF befragten Führungskräfte - bei entsprechenden Investitionen zurzeit eher zurück. Laut Umfragen hat nur die Hälfte in den vergangen fünf Jahren in ihre Büroausstattung investiert. In Krisenzeiten ist der alte Schreibtisch offenbar die letzte Sorge: Büroausstattungen, die vor fünf bis zehn Jahren gekauft wurden, nutzen laut WdF-Umfrage 25 Prozent der Befragten, 13 Prozent sogar noch ältere. Sechs Prozent arbeiten in einem Büro, das vor mehr als fünfzehn Jahren neu ausgestattet worden ist.

Stattdessen werden geplante Investitionen verschoben - und für die Büroausstatter auch nicht besonders erfreulich dürfte sich jenes Ergebnis darstellen, in dem die Führungskräfte zwar Investitionen planen (39 Prozent "in den nächsten Jahren) oder neu einzurichten gedenken (26 Prozent), ob diese Investitionen tatsächlich getätigt werden, lässt sich aus der Studie selbstredend nicht ersehen.

 Der Chef sucht aus

Die Mitbestimmung der Büroeinrichtung durch die Mitarbeiter ist unterschiedlich gelagert: "Je kleiner bzw. je weiter im Süden bzw. Westen ein Unternehmen angesiedelt ist, desto höher ist die Beteiligung der Mitarbeiter", so die WdF-Studie. Je größer Betriebe seien, umso eher werden Planer und Architekten in den Prozess eingebunden, heißt es weiter.

Laut Umfrage wird zu 80 Prozent von den Managern bestimmt, worin investiert wird, 64 Prozent der Befragten beziehen die Mitarbeiter aktiv in die Gestaltung mit ein. Funktionalität (95 Prozent) steht ganz oben auf der Bewertungsskala, gefolgt von Ergonomie (93 Prozent) und Raumplanung (89 Prozent). Auffallend sei, so die Studienautoren, dass " in der Bewertungsskala Logistik (68 Prozent) und Preis (66 Prozent) klar vor Design (55 Prozent) zu liegen kommen". Etwas mehr als die Hälfte der Befragten gaben in den vergangenen Jahren für die Neu- oder Umgestaltung eines Büroarbeitsplatzes zwischen 700 bis 2000 Euro aus.

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