Die Vision in den Alltag bringen - Transformation in die neue Welt des Arbeitens
Interview des Standard mit MICHAEL BARTZ und THOMAS SCHMUTZER
Die Einführung neuer Arbeitsweisen funktioniert nicht wie
ein Elektroschalter - einschalten, und schon ist es hell. Die Transformation
einer Organisation muss sorgsam erfolgen. Denn sonst überfordern die
Veränderungen die Mitarbeiter und die Führungskräfte. Wichtig ist, dass alle
Abteilungen mit an Bord sind. Denn die Veränderung betrifft die Mitarbeiter,
Prozesse, Methoden und Technologien im Unternehmen ebenso wie die Gestaltung
und die Nutzung der Büroinfrastruktur.
Am Anfang des Transformationsprozesses steht das "Envisioning".
Hier gilt es, in strukturierten Workshops im Führungsteam eine New World of
Work Vision zu entwickeln, die das Zielbild klar umreißt im Sinne von "Wie
soll neues Arbeiten in unserem Betrieb ausschauen? Und was wollen wir damit erreichen?".
Wenn dieses Zielbild steht, dann kann die "Transformation Map"
aufgestellt werden. Mithilfe der Transformation Map wird festgelegt, wann
welche Schritte auf dem Weg in Richtung neuer Arbeitsweisen in den nächsten
Monaten und Jahren gesetzt werden sollen. Meilenstein in der Transformation Map
ist die "Workstyle Analyse", bei der es darum geht, die Arbeitsweisen
der Mitarbeiter im Unternehmen unter die Lupe zu nehmen und zu eruieren, welche
Mitarbeitergruppen in Zukunft in welchem Ausmaß mobiler Arbeiten können als
bisher. Aus den Workstyles wird auch klar, welche Spielregeln für die
Kommunikation und Zusammenarbeit erforderlich sind. Diese Spielregeln werden
auch oft "Rules of Engagement" genannt.
Distanz braucht Regeln
Beim Arbeiten auf Distanz sind die Rules of Engagement
erfolgskritisch. Diese müssen sorgfältig ausgearbeitet und in der Organisation
nach und nach implementiert werden. Dies ist Teil des notwendigen
Kompetenzaufbaus in der Organisation, der Mitarbeiter und Führungskräfte
gleichermaßen betrifft. Insbesondere Führungskräfte müssen grundlegend umdenken
und deshalb sehr sorgfältig auf Führung in virtuelleren Arbeitssituationen
vorbereitet werden. Eine Kernkompetenz dabei ist das Führen über Ziele. 70 bis
80 Prozent der Führungskräfte verlassen sich heute noch auf Führungsprinzipien,
die auf Verhaltenskontrolle beruhen. Das heißt, es wird neben der Aufgabeerfüllung
beobachtet, wie sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Arbeitsplatz
verhalten.
Das führt zu "Performismus". Performismus ist ein
Begriff der im New World of Work Forschungszentrum an der IMC FH Krems geprägt
wurde und steht für Verhaltensweisen der Mitarbeiter, mit deren Hilfe
Leistungsbereitschaft und - willen signalisiert werden (ohne, dass unbedingt
Leistung dahinterstehen muss). Eine verbreitete performistische Verhaltensweise
ist zum Beispiel: "Geh möglichst nicht vor deiner Chefin nach Hause"
oder "Nimm Anrufe deiner Chefin auch am Abend an". Wenn
Führungskräften allerdings die erforderlichen Kompetenzen vermittelt werden, Mitarbeiter
über Ziele zu führen, dann brechen diese Verhaltensmuster auf beiden Seiten
auf. Ab diesem Zeitpunkt wird Leistung an Zielerreichung festgemacht, statt an
Verhaltensweisen. Diese Veränderungen brauchen Zeit. Die meisten Unternehmen
planen zwei bis drei Jahre Zeit für die schrittweise Einführung neuer Arbeitsformen.
Erzielten Fortschritt bewerten
Ganz wesentlich ist dabei, auf dem Weg die erzielten
Fortschritte klar bewerten zu können - in klaren Zahlen, Daten und Fakten. Das
New World of Work Forschungszentrum an der IMC FH Krems ist genau darauf
spezialisiert und begleitet Unternehmen im Transformationsprozess durch
sogenannte Erfolgsmessungen. Allerdings muss die Einführung neuer Arbeitsformen
nicht immer Jahre auf sich warten lassen.