Mittwoch, 16. April 2014

Geschwindigkeit trifft Information derStandard.at

Kommunikation in Echtzeit nimmt zu: Ist E-Mail jetzt out?

Interview des Standard mit MICHAEL BARTZ und THOMAS SCHMUTZER


Bildquelle: Jugenhilfeportal.de
Als Wissensarbeiter sind Kommunikationswerkzeuge für uns das A und O. Wissen ist zu einem der wichtigsten Güter, vielleicht zu dem wichtigsten Gut überhaupt geworden, und wir alle verwenden eine Vielzahl an Kommunikationskanälen und -tools, um an Informationen und Wissen zu gelangen oder zu verbreiten. Ohne diese Vielfalt, ohne die Schnelligkeit und Flexibilität, die sie uns bringen, wäre die neue Welt der Arbeit nicht so präsent, wie sie es aktuell bereits ist.
Die Entwicklung ist enorm, die Geschwindigkeit, mit der neue Kommunikationswerkzeuge eingeführt werden, rasant. Smartphones klingeln, E-Mails trudeln ein, eine SMS informiert uns in kurzen Worten, Nachrichten auf der Voice-Mail warten darauf, abgehört zu werden, wir chatten, wir nutzen Apps und Videotelefonie, wir kommunizieren auf Social-Media-Plattformen und vieles mehr. Hin und wieder greifen wir noch zum Festnetzapparat.

Was ist die relevante Information?

"Aufgrund der steigenden Vielzahl von verfügbaren Kommunikationsmedien wird es für den Mitarbeiter immer schwieriger, relevante Informationen herauszufiltern und den richtigen Kommunikationskanal auszuwählen. Deshalb setzen wir mit unserem Future-Office-Konzept auf integrierte Lösungen, die für den Mitarbeiter relevante Informationen und vorhandenes Wissen einfach zugänglich machen und Kommunikation und Kollaboration kombinieren. Die Information muss den Benutzer finden - nicht umgekehrt", sagt Daniel Freiberger, Topic-Owner für das Thema Arbeitsplatz der Zukunft bei Tieto.
Oft verwenden wir Kommunikationskanäle anders als ursprünglich gedacht. Ein gutes Beispiel dafür ist E-Mail. E-Mail ist aus dem Geschäftsleben ebenso wenig wegzudenken wie aus unserem privaten Umfeld. Wir verfassen Nachrichten, Protokolle, Vertragstexte und sonstige Texte aller Art in E-Mails und schicken diese an den Empfänger. Oftmals auch an viele Empfänger, die häufig ihrerseits noch weitere Empfänger hinzufügen. Wodurch sich eine E-Mail, die ein paar Mal im Zuge einer Diskussion zwischen zwei Personen hin- und hergeschickt wurde, durch den immer größer werdenden Verteiler leicht und schnell verhundertfacht.
Effizienzfalle Nummer eins! Denn all diese Kommunikation muss auch gelesen werden, was unter Berücksichtigung der Vielzahl an sonstigen Kommunikationskanälen schnell zur Herausforderungen werden kann. Oftmals laufen E-Mail-Kommunikationen Life Chats ab: Auf die Frage folgt Sekunden später die Antwort und darauf wieder in Echtzeit die Gegenantwort und so weiter.

Wo können E-Mails ersetzt werden?

Die vielen Empfänger, die im Verteiler CC hinzugefügt wurden, sind stille Mitleser. Effizienzfalle Nummer zwei! Denn gerade für solche Zwecke, wo Themen ausdiskutiert werden, wären ein Chat, eine Videokonferenz, ein Anruf oder auch ein Meeting weitaus geeigneter. Soll bzw. kann man E-Mail aus der Unternehmenskommunikation zur Gänze streichen? Kann man es durch andere Kommunikationskanäle ersetzen, stattdessen mehr auf Collaboration-Tools setzen?
Margarete Schramböck, CEO NextiraOne Austria: "Eine wesentliche Entwicklung werden wir in der unternehmensinternen Kommunikation sehen, in der E-Mail aus meiner Sicht in den nächsten zehn Jahren fast zur Gänze verschwinden wird und neuen Formen der Kommunikation weicht, die wir heute schon als Inhouse-Social Media bezeichnen. In der externen Kommunikation mit Kunden und Lieferanten wird E-Mail weiterhin ihren Platz finden als Ersatz für Briefe und Fax. Inhouse jedoch werden wir eine Revolution erleben, in der E-Mail keinen wesentlichen Platz mehr einnehmen wird."

Klare Spielregeln sind notwendig

Die neue Welt der Arbeit bringt uns viel Neues, sie bringt uns Flexibilität, Selbstbestimmung und Geschwindigkeit - und all dies benötigt Spielregeln für eine reibungslose Zusammenarbeit: Welches Kommunikationsmittel nutzen wir wofür, und wie nutzen wir es? Manches wird durch die Natur der Sache selbst bestimmt, wie etwa die Unmöglichkeit eines Festnetzgesprächs, wenn der Anrufer seinen Arbeitsort nach extern verlegt hat.
Manches muss aber geklärt werden. Wie etwa die Tatsache, dass E-Mail ein großartig funktionierender Kanal ist, wenn es um die Übermittlung von langen Informationen geht, aber nur geringe Eignung aufweist, wenn ein möglichst zeitnaher Austausch von Informationen im Fokus steht. Ist E-Mail also out? Keineswegs, aber der richtige Umgang muss definiert werden, um den Effizienzgewinn zu heben und die gesteigerte Komplexität der vielen Informationen und neuen Kommunikationskanäle ein wenig zu lichten. (Michael Bartz, Thomas Schmutzer, DER STANDARD, 5./6.4.2014)

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