Kommunikation in Echtzeit nimmt zu: Ist E-Mail jetzt out?
Interview des Standard mit MICHAEL BARTZ und THOMAS SCHMUTZER
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Als Wissensarbeiter sind Kommunikationswerkzeuge für uns das
A und O. Wissen ist zu einem der wichtigsten Güter, vielleicht zu dem wichtigsten
Gut überhaupt geworden, und wir alle verwenden eine Vielzahl an
Kommunikationskanälen und -tools, um an Informationen und Wissen zu gelangen
oder zu verbreiten. Ohne diese Vielfalt, ohne die Schnelligkeit und
Flexibilität, die sie uns bringen, wäre die neue Welt der Arbeit nicht so
präsent, wie sie es aktuell bereits ist.
Die Entwicklung ist enorm, die Geschwindigkeit, mit der neue
Kommunikationswerkzeuge eingeführt werden, rasant. Smartphones klingeln,
E-Mails trudeln ein, eine SMS informiert uns in kurzen Worten, Nachrichten auf
der Voice-Mail warten darauf, abgehört zu werden, wir chatten, wir nutzen Apps
und Videotelefonie, wir kommunizieren auf Social-Media-Plattformen und vieles
mehr. Hin und wieder greifen wir noch zum Festnetzapparat.
Was ist die relevante Information?
"Aufgrund der steigenden Vielzahl von verfügbaren
Kommunikationsmedien wird es für den Mitarbeiter immer schwieriger, relevante
Informationen herauszufiltern und den richtigen Kommunikationskanal
auszuwählen. Deshalb setzen wir mit unserem Future-Office-Konzept auf
integrierte Lösungen, die für den Mitarbeiter relevante Informationen und
vorhandenes Wissen einfach zugänglich machen und Kommunikation und
Kollaboration kombinieren. Die Information muss den Benutzer finden - nicht
umgekehrt", sagt Daniel Freiberger, Topic-Owner für das Thema Arbeitsplatz
der Zukunft bei Tieto.
Oft verwenden wir Kommunikationskanäle anders als
ursprünglich gedacht. Ein gutes Beispiel dafür ist E-Mail. E-Mail ist aus dem
Geschäftsleben ebenso wenig wegzudenken wie aus unserem privaten Umfeld. Wir
verfassen Nachrichten, Protokolle, Vertragstexte und sonstige Texte aller Art
in E-Mails und schicken diese an den Empfänger. Oftmals auch an viele
Empfänger, die häufig ihrerseits noch weitere Empfänger hinzufügen. Wodurch
sich eine E-Mail, die ein paar Mal im Zuge einer Diskussion zwischen zwei
Personen hin- und hergeschickt wurde, durch den immer größer werdenden
Verteiler leicht und schnell verhundertfacht.
Effizienzfalle Nummer eins! Denn all diese Kommunikation
muss auch gelesen werden, was unter Berücksichtigung der Vielzahl an sonstigen
Kommunikationskanälen schnell zur Herausforderungen werden kann. Oftmals laufen
E-Mail-Kommunikationen Life Chats ab: Auf die Frage folgt Sekunden später die
Antwort und darauf wieder in Echtzeit die Gegenantwort und so weiter.
Wo können E-Mails ersetzt werden?
Die vielen Empfänger, die im Verteiler CC hinzugefügt
wurden, sind stille Mitleser. Effizienzfalle Nummer zwei! Denn gerade für
solche Zwecke, wo Themen ausdiskutiert werden, wären ein Chat, eine
Videokonferenz, ein Anruf oder auch ein Meeting weitaus geeigneter. Soll bzw.
kann man E-Mail aus der Unternehmenskommunikation zur Gänze streichen? Kann man
es durch andere Kommunikationskanäle ersetzen, stattdessen mehr auf
Collaboration-Tools setzen?
Margarete Schramböck, CEO NextiraOne Austria: "Eine
wesentliche Entwicklung werden wir in der unternehmensinternen Kommunikation
sehen, in der E-Mail aus meiner Sicht in den nächsten zehn Jahren fast zur
Gänze verschwinden wird und neuen Formen der Kommunikation weicht, die wir
heute schon als Inhouse-Social Media bezeichnen. In der externen Kommunikation
mit Kunden und Lieferanten wird E-Mail weiterhin ihren Platz finden als Ersatz
für Briefe und Fax. Inhouse jedoch werden wir eine Revolution erleben, in der
E-Mail keinen wesentlichen Platz mehr einnehmen wird."
Klare Spielregeln sind notwendig
Die neue Welt der Arbeit bringt uns viel Neues, sie bringt
uns Flexibilität, Selbstbestimmung und Geschwindigkeit - und all dies benötigt
Spielregeln für eine reibungslose Zusammenarbeit: Welches Kommunikationsmittel
nutzen wir wofür, und wie nutzen wir es? Manches wird durch die Natur der Sache
selbst bestimmt, wie etwa die Unmöglichkeit eines Festnetzgesprächs, wenn der
Anrufer seinen Arbeitsort nach extern verlegt hat.
Manches muss aber geklärt werden. Wie etwa die Tatsache,
dass E-Mail ein großartig funktionierender Kanal ist, wenn es um die
Übermittlung von langen Informationen geht, aber nur geringe Eignung aufweist,
wenn ein möglichst zeitnaher Austausch von Informationen im Fokus steht. Ist
E-Mail also out? Keineswegs, aber der richtige Umgang muss definiert werden, um
den Effizienzgewinn zu heben und die gesteigerte Komplexität der vielen
Informationen und neuen Kommunikationskanäle ein wenig zu lichten. (Michael
Bartz, Thomas Schmutzer, DER STANDARD, 5./6.4.2014)
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